Mit der Veröffentlichung des Vierten Klimaberichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ist das Thema Klimawandel erneut prominent in den Blickpunkt der Medien gerückt. Da auch die globale Politik sich den Fragen des Klimawandels angenommen hat, sollten fundierte Informationen über die klimatologischen Zusammenhänge möglichst viele Bürger erreichen. Mojib Latif leistet mit seinem aktuellen Buch einen wertvollen Beitrag dazu.
Herr Latif ist ein recht bekannter Klimaforscher, der sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass er regelmäßig in der medialen Öffentlichkeit versucht, die komplexen Zusammenhänge des Klimas verständlich zu machen. Er ist sich der Wirkung seiner Aussagen bewusst und wägt sie entsprechend ab. So auch in diesem Buch: Es ist durchweg verständlich, aber nicht simplistisch — getreu Einsteins Aussage: Everything should be made as simple as possible, but no simpler. Wo die klimatologischen Prozesse kompliziert sind, da muss auch der Leser sich anstrengen, um Hernn Latifs Ausführungen zu folgen. Aber wo immer es möglich ist, erleichtert das Buch das Verständnis durch Beispiele und prägnante Erklärungen.
Aufbau des Buches
Das 250 Seiten starke Buch ist in drei Teile gegliedert:
- Wissenschaftliche Grundlagen
- Das Klima das 20. und 21. Jahrhunderts
- Strategien für die Zukunft.
Wissenschaftliche Grundlagen
Im ersten Teil erklärt Herr Latif, welche Komponenten am Klimageschehen beteiligt sind, was der Treibhauseffekt ist und wie die Ozonproblematik damit im Zusammenhang steht. Außerdem geht er auf die Variabilität des Klimas und auf dessen Modellierung ein. Nach der Lektüre dieser ersten 125 Seiten ist man für den Alltagsgebrauch umfassend informiert.
Das Klima das 20. und 21. Jahrhunderts
Der zweite Teil erklärt den menschlichen Einfluss auf das Klima und mit welchem Methoden die Klimaforscher ihn zwischen den natürlichen Einflüssen entdecken können. Des weiteren erfährt man, wie sich das Klima in Zukunft ändern könnte, welche Entwicklungen wahrscheinlich, welche eher unwahrscheinlich sind und warum. Die Trägheit des Klimasystems wird ausführlich besprochen und erläutert, denn auf diesem Teilaspekt fußt unter anderem Herrn Latifs Argumentation für den dritten Teil.
Strategien für die Zukunft
Der dritte Teil macht das Buch besonders wertvoll als Referenz für die Einordnung von Aussagen der Medien. Herr Latif diskutiert deren Rolle in der Klimadebatte sehr differenziert und geht anschließend ausführlich auf die Argumente der so genannten „Skeptiker“ ein. Die am häufigsten vorgebrachten Einwände gegen den wissenschaftlichen Konsens werden zitiert und dann fundiert kritisiert. Dabei zeigt sich, dass die viele dieser scheinbaren Kritikpunkte ohne wissenschaftliche Grundlage sind, Teilwahrheiten darstellen oder sich auf veraltete Daten gründen.
Schließlich geht Herr Latif auch auf anzustrebende Handlungsmuster für die Politik und den Bürger ein. Er macht auf einen wichtigen Aspekt aufmerksam, der in der bisherigen öffentlichen Diskussion oft fehlt: das Klimasystem reagiert sehr träge auf Veränderungen der Rahmenbedingungen. Das bedeutet, dass eine gewisse Erwärmung bereits zu beobachten ist und auch durch sofortiges massives Eingreifen in den Ausstoß von Treibhausgasen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann: Die heute beobachteten Klimaänderungen wurden von etlichen Jahren angestoßen — mit ihnen werden wir leben müssen.
Für die Politik bedeutet das, dass die Handlungsstrategien durchaus langfristig angelegt sein können, sofern sie weitreichend genug sind: eine Absenkung der Emissionen um beispielsweise 5% bliebe Herrn Latif zufolge völlig belanglos, auch wenn sie in drei Jahren umgesetzt wäre. Eine Wirkung auf das globale Klima lässt sich nur mit Einschnitten in der Größenordnung von mehreren Zehnerprozent erzielen — die aber aufgrund der Trägheit des Systems auch über mehrer Jahrzehnte schrittweise erfolgen können. Es zeichnet die Argumentation des Buches aus, dass keine utopischen Szenarien, sondern pragmatische Strategien entwickelt werden, die im Kontext der globalen politischen Rahmenbedingungen umsetzbar erscheinen.
Fazit
Das Buch „Bringen wir das Klima aus dem Takt“ ist ein umfassendes und wissenschaftlich fundiertes Werk (so weit ich das beurteilen kann), in dem Mojib Latif dem Leser einen tiefen Einblick in die relevanten Zusammenhänge des Klimasystems ermöglicht. Die Darstellung ist immer differenziert und sachlich, weist auf gesichertes Wissen ebenso hin wie auf noch bestehende Unsicherheiten oder Wissenslücken. Gerade diese wissenschaftlich-kühle Aufrichtigkeit tut bei diesem oft überhitzt diskutierten Thema gut.