Mit digitalen Medien besser lernen? Mein Beitrag zur Blogparade

Christian Ebel ruft zu einer Blogparade auf und fragt, welchen Mehrwert digitale Medien beim Lernen bringen können. Dazu möchte ich ein paar Gedanken notieren.


Begriffe

Digitale Medien

Im Kontext der folgenden Beispiele bedeutet »digitale Medien« in der Regel ein »Gerät mit Internetzugang«. Das kann ein Desktop-Rechner, ein Laptop, ein Tablet oder ein Smartphone sein. Meine Schüler und ich benutzen hier ganz verschiedene Geräte, bisher bin ich in keinem Projekt aktiv, das auf die einheitliche Versorgung mit einer bestimmten Hardware setzt. Natürlich sind digitale Medien außerhalb dieser Eingrenzung viel breiter zu verstehen – ein Fernseher ist zum Beispiel inzwischen auch ein digitales Medium – aber es soll hier um konkrete Praxisbeispiele gehen und nicht um eine theoretisch möglichst umfassende Definition.

Im Internet ist mein zentrales Instrument ein Wiki, aber natürlich werden bei der Wiki-Arbeit auch eine Vielzahl anderer Angebote und Techniken im Netz verwendet (Videos, Informationswebsites, Karten, Abbildungen, Mailinglisten etc.).

Lernen

Die meisten Beispiele stammen aus dem Umfeld des formalen Lernens in der Schule, weil das der Bereich meiner hauptsächlichen Erfahrungen ist. Am Ende gibt es noch einige Beispiele aus einem informellen Setting. Man könnte den Lernbegriff aber natürlich noch deutlich weiter fassen.

Beispiele aus der Praxis

Kurswiki mit Oberstufenkursen in Geographie

Ich unterrichte regelmäßig vierstündige Oberstufenkurse in Geographie. In Baden-Württemberg heißt dieser Kurs Neigungskurs, in vielen anderen Bundesländern entspricht das in etwa einem Leistungskurs. Die Schüler können in diesem Kurs eine ihrer Abiturprüfungen schreiben. Die Schwerpunktthemen, die im Abitur geprüft werden, sind zentral vorgegeben, darüber hinaus gibt es einen Reihe von Arbeitsmethoden, die im Abitur vorausgesetzt werden und schließlich sind auch oft organisatorische Aufgaben zu erledigen.

Mit diesen Kursen führe ich seit Jahren jeweils ein gemeinsames Wiki. In diesem Wiki haben alle Schüler und ich Schreibrechte, so dass jeder Inhalte beisteuern kann. In der Regel lege ich die inhaltliche Grobstruktur fest, zum Beispiel indem ich für ein bestimmtes Thema eine Unterseite anlege und dort dann Seiten zu einzelnen Teilthemen einrichte. Die Schüler fassen zum Beispiel Buchinhalte zusammen, notieren anwendungsorientierte Hausaufgaben auf den Wiki-Seiten, fügen Abbildungen und Videos ein, die sie im Netz finden und stellen auch Fragen zu Aspekten, die sich nicht verstanden haben.

Darüber hinaus steuere ich »Tafelanschriebe« aus dem Unterricht bei, die ich in Curio notiert habe und greife regelmäßig Punkte auf, bei denen sich im Wiki zeigt, dass sie noch nicht angemessen verstanden wurden. Durch die gemeinsamen Notizen der Schüler bekomme ich einen Einblick in deren inhaltliches Verständnis der Unterrichtsthemen, aber auch in ihre methodischen Fähigkeiten (zusammenfassen, formulieren, strukturieren etc.), so dass ich regelmäßig Wiki-Beispiele im Unterricht bespreche, um unklare Punkte auszuräumen oder besonders gute Aspekte hervorzuheben.

Das Wiki ist unser gemeinsam geführtes Heft, jedem Schüler steht es frei, auch seine persönlichen Notizen aus dem Unterricht auf einer persönlichen Seite im Wiki zu schreiben oder parallel ein Papierheft zu führen.

Das Wiki bietet aus meiner Sicht viele Vorteile gegenüber der individuellen Heftführung.

  • Im Wiki schreiben und strukturieren mehrere Schüler und ein Lehrer gemeinsam das Material. Das führt für die meisten Schüler dazu, dass sie auf qualitativ bessere Materialien zugreifen können als wenn sie ein individuelles Heft führen würden. Außerdem bekommen sie im Wiki Zugriff auf farbige Abbildungen, auf Videos und Links, die in einem Papierheft nicht möglich wären. Das erleichtert meines Erachtens das Verständnis vieler Inhalte.
  • In einem zweijährigen Kurs, der für die meisten Schüler auf eine schriftliche Abiturprüfung hinausläuft, ist die übersichtliche Organisation der Materialien eine Herausforderung. Wenn man mit der Abiturvorbereitung beginnt, sollte man seine Notizen aus ca. eineinhalb Jahren Unterricht strukturiert nutzen können, um optimale Ergebnisse zu erhalten. Bei Papiermaterialien bedeutet das hingegen für viele Schüler, Lücken und/oder teilweises Durcheinander zu akzeptieren. Im Wiki baut sich der gemeinsame Materialfundus schrittweise auf und bleibt wesentlich übersichtlicher als in einem Papierheft. In Geographie gibt es außerdem mit der Zeit auch Vernetzungen zwischen Teilthemen. Diese lassen sich im Wiki durch Links und Verschlagwortung gut abbilden.
  • Wenn die Schüler Wiki-Seiten gestalten, erhalte ich Einblick in ihren Verständnisprozess. Natürlich nicht permanent für jeden Schüler, aber über den Zeitraum von zwei Jahren doch immer wieder für verschiedene Schüler. So erkenne ich inhaltliche oder methodische Schwächen und kann korrigierend eingreifen. Einerseits kann ich dafür sorgen, dass die Materialien weniger Fehler enthalten als ein Papierheft, andererseits kann ich Probleme im Unterricht erneut aufgreifen, um sie auszuräumen. Zeitliche Beschränkungen bringen es allerdings mit sich, dass ich das nicht flächendeckend für alle Inhalte machen kann. Ich korrigiere nicht jede Seite komplett durch, sondern schaue immer mal wieder rein und spreche an oder korrigiere, was mir auffällt.
  • Die Schüler lernen durch das Wiki, auf ihre gegenseitige Arbeit zu achten und Qualitätsmaßstäbe dafür zu entwickeln. In regelmäßigen Abständen besprechen wir einzelne Teilseiten des Wikis daraufhin, ob sie inhaltlich korrekt, klar strukturiert, sprachlich sauber formuliert sind. Ich halte die Schüler an, einander wertschätzendes, aber inhaltlich kritisches Feedback zu geben. Das braucht meiner Erfahrung nach einige Monate Zeit und mit manchen Kursen kommt es besser in Gang als mit anderen, aber mit dem Wiki fällt diese Art zu arbeiten wesentlich leichter als wenn ich Papierhefte austauschen müsste.
  • Wenn ich eine Klausur zurückgebe, notiere ich mir diejenigen Schüler, die bei einer bestimmten Aufgabe eine mustergültige Antwort verfasst haben. Diese bitte ich dann, ihre Antwort ins Wiki zu übertragen. So können die Mitschüler, deren Antworten nicht optimal waren, auf die sehr guten Antworten zurückgreifen und haben die Möglichkeit, sich bei ihrer Verbesserung wirklich zu verbessern. Ob das freilich genutzt wird, liegt im Freiraum des Einzelnen (das kontrolliere ich inhaltlich nicht).
  • Im Laufe der zwei Kursjahre werden immer wieder geographische oder allgemein schulische Arbeitsmethoden eingeführt und geübt. Das Wiki erlaubt es einerseits, diese zentral zu sammeln, so dass mit der Zeit ein Fundus an Methodenseiten zur Verfügung steht. Andererseits kann ich die Methoden aber auch auf den inhaltlich passenden Seiten verlinken, so dass die Methodik nicht isoliert von den Inhalten steht. Das Wiki selbst führt die Schüler an digitale Arbeitsmethoden heran, die meines Erachtens für ihre spätere Arbeit wichtig sind: Strukturieren größere Themeneinheiten, Gliederung von Seiten, Arbeiten mit Hypertext, Verwendung einer symbolischen Auszeichnungssprache (Wiki-Syntax), Einbinden von Webressourcen unter Beachtung von angemessenen Quellenangaben, kritische Prüfung von Webressourcen, kollaboratives Arbeiten, konstruktives Feedback mit digitalen Mitteln etc.
  • Im Kurs gibt es auch immer wieder organisatorische Aspekte zu klären: Wandertag, Weihnachtsfeier, Teilnahme an einem schulischen Fußballturnier, Planung und Durchführung einer großen Exkursion. Im Wiki kann ich für jeden Anlass schnell und einfach eine Seite anlegen, auf der ich Informationen mitteilen und von den Schülern einholen kann. Wer spielt beim Fußball mit? Wer hat eine Monatskarte für den ÖPNV? Wie sind die Zugverbindungen für die Exkursion am Wandertag? All das kann ich digital mitteilen oder erfragen, ohne Papier austeilen und/oder einsammeln zu müssen.

Damit das alles klappt, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein.

  • Das Wiki wird in meinem Fall meist zu Hause genutzt, daher muss ich darauf bauen, dass alle Schüler zu Hause Zugriff auf das Internet haben. Das ist in meinem Fall bei Schülern der gymnasialen Oberstufe in der Regel der Fall. Wenn ein Schüler Probleme damit hat, kann er in unserer Schule eigenständig die Computer in unserer Mediathek nutzen, so dass ich das Wiki einsetzen kann, ohne einzelne Schüler zu benachteiligen.
  • Alle Schüler müssen das Wiki als zentrale Arbeitsform akzeptieren und sich einbringen. Das klappt in der Regel zu großen Teilen, allerdings bringen sich natürlich nicht alle gleichermaßen ein. Ich stelle immer wieder fest, dass die schulische Sozialisation dazu führt, dass Schüler die Haltung haben: Wenn es keine konkrete Note gibt, tue ich auch nichts. Freiwilliges Engagement nur um des eigenen Lernfortschritts willen, ist selten. Daher honoriere ich Engagement im Wiki auch dadurch, dass ich es als Unterrichtsbeitag werte. Wenn ich Unterrichtsnoten mache, schaue ich also auch ins Wiki. Ich greife keine einzelnen Beiträge heraus, sondern verschaffe mir einen Überblick, welche Schüler sich in welchem Umfang eingebracht haben. Das bringt vor allem stillen Schülern oft eine Möglichkeit, gute Unterrichtsbeiträge zu machen, ohne sich im Unterricht ständig melden zu müssen.
  • Die technische Infrastruktur muss verlässlich laufen. Mein Wiki hoste ich selbst bei einem guten Webhoster. Daher läuft es meist problemlos. Auch unsere schulische Infrastruktur ist in der Summe verlässlich und relativ umfangreich.

Natürlich gibt es auch Nachteile bei der Arbeit mit dem Wiki.

  • Wenn es technische Probleme gibt, ist der gewohnte Unterrichtsablauf nicht mehr möglich. Das war bisher in einigen wenigen Situationen der Fall. Allerdings haben ja weder die Schüler noch ich verlernt, »normalen« Unterricht durchzuführen, so dass dann eben wieder individuelle Aufschriebe und Arbeitsblätter in den Vordergrund rücken. Um die wertvolle gemeinsame Arbeit zu sichern, erstelle wöchentlich ein komplettes Backup des Wikis, so dass ich auch bei einem (sehr unwahrscheinlichen) Komplettausfall seitens des Webhosters, die Inhalte wieder herstellen könnte.
  • Manche Schüler sehen das Wiki als einfache Möglichkeit, ohne eigenes Zutun von der Arbeit der anderen zu profitieren. Das finde ich völlig inakzeptabel und spreche das im Kurs oder im Einzelgespräch an. Bisher habe ich noch niemanden vom Wiki ausgeschlossen, habe das als Maßnahme für dauerhafte »Schmarotzer« aber im Ärmel.

Hier als Beispiel zwei Screenshots der Startseite unseres Kurswikis.

Startseite Kurswiki

Startseite Kurswiki


Nach dieser ausführlichen Besprechung der Kursarbeit mit dem Wiki werde ich die folgenden Beispiele etwas kürzer halten. Viele der gerade angesprochenen Vorteile gelten analog.

Projektwiki für Gruppen in der Projektarbeit

In Naturwissenschaft und Technik (NwT) arbeiten wir an meiner Schule in Projekten, die typischerweise einige Monate lang dauern, zum Beispiel zum Thema Brückenbau oder Klimaschutz und Gebäudetechnik. Die Schüler arbeiten in kleinen Gruppen und müssen vielfältige Aufgaben im Bereich Planung, Organisation, Koordination, Durchführung und Dokumentation erledigen.

Auch hier arbeite ich mit dem Unterrichtswiki. Es gibt für jede Lerngruppe eine zentrale Seite, auf der ich Inhalte und Informationen zur Verfügung stelle, gleichzeitig hat jede Projektgruppe ihren Bereich, in dem sie sich organisieren kann und wo sie am Ende ihre Dokumentation der Projekts erstellt.

Der Vorteil des digitalen Arbeitens ist hier, dass jedes Mitglied der Lerngruppe zu jeder Zeit den aktuellen Stand einsehen und bearbeiten kann. Kollaborative Beiträge sind in Echtzeit für alle Gruppenmitglieder verfügbar. Früher mussten zum Beispiel Papierseiten ausgetauscht werden. In einem ersten Schritt der Digialisierung wurden auch Dokumente gemailt oder auf einem USB-Stick mitgebracht. Bald gab es aber mehrere Versionen eines Dokuments, es war oft nicht klar, welche die aktuelle Version ist und wer diese gerade hat. Wenn ein Schüler krank war, konnten seine Teammitglieder oft nicht weiter arbeiten.

All diese Aspekte sind mit dem Wiki gelöst und meines Erachtens auch nur mit einer zentralen digitalen Plattform effizient zu lösen. Insofern ermöglicht es das digitale Arbeiten mit einer Internetplattform, die Projektarbeit, die vom Bildungsplan gefordert wird und die in verschiedener Hinsicht ihre eigenen Vorteile und Herausforderungen hat, überhaupt in größerem Umfang durchzuführen. Ohne digitale Hilfsmittel wären Aufwand und Reibung so groß, dass das aus meiner Sicht extrem ineffizient wäre.


Die Erfahrungen aus der Kurs- und Projektarbeit mit dem Wiki habe ich hier zusammen getragen:


Projekt Sinne

In einer neunten Klasse Biologie ergab es sich, dass die Schüler zum Thema Sinne sehr viele Fragen hatten und durch ihr disparates Interesse verschiedene Themengebiete aufwarfen. Mit Hilfe meines Wikis habe ich ein Projekt durchgeführt, bei dem jeweils zwei Schüler ihren Interessen nachgehen konnten.

Auch hier brachte das digitale Arbeiten einige Vorteile:

  • Durch den Zugriff auf das Web war es mir möglich, den Schülern ein breites Spektrum von Themen zuzugestehen, weil ich davon ausgehen konnte, dass sie dazu jeweils fundierte Materialien finden würden. Das digitale Arbeiten hat in diesem Fall also die Individualisierung deutlich erleichtert.
  • Im Zuge der Recherche konnten wir den wichtigen methodischen Aspekt »Beurteilen von Infomrmationsmaterialien« inhaltlich sinnvoll einbinden und anwenden.
  • Die Schüler erarbeiteten ihre Inhalte im Wiki, so dass ich auch hier den Entstehungsprozess der Texte verfolgen konnte. Insgesamt habe ich in drei Durchgängen die noch unfertigen Produkte kommentiert. Die Schüler haben meine inhaltlichen und methodischen Rückmeldungen dann eingearbeitet. Dadurch sind meines Erachtens deutlich bessere Texte entstanden als das ohne Feedback der Fall gewesen wäre. Das Feedback in Papierform zu organisieren, wäre für beide Seiten sehr aufwändig gewesen.
  • Da die Arbeitsergebnisse digital vorlagen, konnten wir ihnen größere Relevanz und Wirkung verschaffen als das in Papierform möglich gewesen wäre: Einerseits verarbeiteten wir sie zu Postern, die im Schulhaus ausgestellt wurden, andererseits wurden sie als Wiki-Seiten veröffentlicht und stehen seither anderen Menschen zur Nutzung zur Verfügung. In der Summe erhalten die Seiten dieses Projekts pro Monat etwa sechshundert Seitenaufrufe, wobei einzelne Schülerseiten durchaus zweihundert bis dreihundert Aufrufe bekommen. Einige der restlichen Seiten werden immerhin dreißig bis vierzig Mal pro Monat aufgerufen. Durch diese Zahlen konnten die Schüler erfahren, dass ihre Inhalte für andere relevant sind und ihre Arbeit auch außerhalb der Schule etwas zählt.

Klexikon Projekt

Mit einer zehnten Klasse habe ich drei Doppelstunden lang zum Kinderlexikon Klexikon beigetragen. Hier ein Ausschnitt aus meiner Projektbegründung für die Schüler:

Worum geht es?

Im Internet kann man eine Menge lernen. Dass das so ist, liegt unter anderem daran, dass viele, viele Menschen ihr Wissen und ihr Können bereitwillig und frei mit anderen Teilen. Auf diese Weise sind in den letzten Jahren beeindruckende Plattformen wie z.B. die Wikipedia, die Fotosammlung flickr oder auch YouTube entstanden.

Wenn man das Netz intensiv nutzt (wie wir das wohl alle tun), finde ich es angebracht, hin und wieder (oder sogar regelmäßig) »etwas zurückzugeben«. Man kann das in vielerlei Form tun und eine davon möchte ich in den nächsten Stunden mit Euch umsetzen.

Seit einiger Zeit gibt es ein Projekt namens Klexikon, das sich zum Ziel gesetzt hat, ein Online-Lexikon für Kinder zu realisieren. Bis Ende 2015 sollen 1000 Artikel enthalten sein. Wir werden versuchen, dazu einige Beiträge zu leisten.

Was könnt Ihr dabei lernen und mitnehmen?

  • Ihr könnt Euch thematisch in einige eng umrissene Themenbereiche der Biologie oder Geographie einarbeiten.
  • Ihr könnte lernen, Texte klar und angemessen zu strukturieren.
  • Ihr könnt lernen, wie man Texte und Materialien auf ein angestrebtes Publikum ausrichtet. Das bedeutet nichts anderes, als zu lernen, effektiv zu kommunizieren (man nennt das auch »adressatengerecht«: ein Adressat ist eine Person, an die man eine Botschaft richtet).
  • Ihr könnt die Erfahrung machen, Eure Intelligenz und Eure Tatkraft unentgeltlich einer guten Sache zur Verfügung zu stellen und so einen positiven Impuls im Netz zu hinterlassen.

Klexikon Projekt

Klexikon Projekt

Klexikon Projekt

Die Vorteile des digitalen Lernens in diesem Kontext: Durch kollaborative digitale Medien im Web, wie zum Beispiel durch die Wikis der ZUM, gibt es überhaupt erst Projekte wie das Klexikon oder die Wikipedia. In analoger Form könnten sie nicht realisiert werden und daher könnten Schüler nicht die Erfahrung machen, an ihnen mitzuarbeiten.

Das Netz als kulturelles Phänomen ist eine gesellschaftliche Tatsache und spielt im Alltag der Schüler eine große Rolle. In diesem Fall konnte ich durch digitale Medien den Schülern die Möglichkeit geben, sich aktiv in ein größeres, kollaboratives Projekt einzubringen. Für die meisten war das eine neue Erfahrung, da sie das Netz außerhalb meines Unterrichts bisher nur konsumierend genutzt hatten. Ich hoffe, damit ihre Perspektive auf das Netz und seine gesellschaftlichen Möglichkeiten erweitert zu haben.

Lernen mit Videos und Blogs

In letzter Zeit bin ich verstärkt auf Videos als Instrumente für das Lernen aufmerksam geworden.

Einen praktischen Vorgang zeigen und erklären

Für den NwT-Unterricht habe ich ein Video erstellt, das erklärt, wie man mit einer Handsäge korrekt umgeht. Das habe ich bisher im einführenden Handwerkskurs im Präsenzunterricht gemacht, was verschiedene Nachteile hatte:

  • Nicht alle Schüler konnten gut sehen, was ich tue.
  • Die verbale Erklärung musste beim ersten Mal verstanden werden, da sie nicht wiederholt wurde.
  • Schüler, die am Tag der »Vorführung« fehlten, verpassten die Erklärung.

Der YouTube Server wird erst kontaktiert, wenn Du das Video abspielst. Vorher werden keine Daten an YouTube übertragen. Für das Abspielen gelten die Datenschutzbestimmungen von Google.

Durch die Möglichkeit, das digitale Medium Web-Video zu nutzen, konnte ich diese Nachteile ausmerzen.

  • Ich kann filmen, was ich tue und es dabei erklären. In der Nachbearbeitung kann ich auf wichtige Begriffe und Aspekte noch einmal besonders hinweisen.
  • Das Video kann beliebig oft abgerufen werden. Wer es beim ersten Mal noch nicht richtig versteht, kann es erneut anschauen, fehlende Schüler verpassen die Erklärung nicht.
  • Nach dem ersten Aufwand, das Video zu erstellen, habe ich im Unterricht Zeit, beim Einüben der Tätigkeit zu helfen und muss nicht viele Male die grundlegende Erklärung wiederholen (damit sind hier auch die wesentlichen Vorteile des flipped classroom genannt, auch wenn ich das Konzept in diesem Fall nur in einem Einzelfall umgesetzt habe).

Die Idee ist, nach und nach verschiedene Tätigkeiten als Videos zu zeigen, so dass mit der Zeit ein Fundus entsteht, auf den ich zurückgreifen kann.

Videos und Blogs in informellen Lernsettings

In meinem Beitrag über Lernvideos im ZUM Blog sind viele Beispiele zu sehen, wie große und kleine Organisationen oder auch Privatleute einzelne Themen in Form von Erklärvideos darstellen. Jeder, der sich für diese Themen interessiert, kann mit diesen Videos lernen. Man kann sie im formalen Kontext der Schule oder anderer Bildungseinrichtung einsetzen, sie können aber auch beim informellen Lernen oder bei der persönlichen Aufarbeitung von Schulinhalten genutzt werden. Viele Schüler berichten mir, dass sie genau das tun: Wenn sie einen Sachverhalt im Unterricht nicht richtig verstanden haben, suchen sie nach Videos im Netz, um die Verständnislücke zu schließen.

Ähnliches gilt in vielen Themenbereichen außerhalb des klassischen Fächerkanons der Schule. Wer sich zum Beispiel für die Arbeit mit Holz interessiert, findet im Web eine große Zahl von Blogs und YouTube-Kanälen, auf denen zumeist themenbegeisterte Privatleute ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen.

Hier bieten digitale Medien den Vorteil, dass sie sowohl das »Lehren« als auch das Lernen deutlich erleichtern indem sie »Lehrer« und Lerner überhaupt erst zusammen bringen.

Die Nutzung von günstigen Kameras und kostenlosem Web-Video oder das einfache Einrichten eines Blogs erniedrigen die Eingangsschwelle für potentielle »Lehrer«, so dass viele Menschen ihr Wissen einer großen Zahl von Lernern zur Verfügung stellen können und dies auch tun. Dadurch verbreitert sich das das Angebot von Lerninhalten und manche Themen werden dadurch überhaupt erst außerhalb von formalen Lernsettings zugänglich. Am Beispiel Holzhandwerk: Früher musste man in der Regel eine Lehre in diesem Bereich machen, um die Grundlagen des Handwerks zu lernen. Wenn man anderweitig berufstätig war, schied diese Möglichkeit aus und die Inhalte blieben einem in der Regel verwehrt. Heute kann ein Hobbyist mit entsprechender Motivation im Netz viele Einblicke gewinnen und sich viel Wissen selbst erarbeiten. Das persönliche Feedback, das im formalen Kontext der Handwerkslehre vorhanden ist, fehlt natürlich, was für einen Hobby-Handwerker aber zu verkraften ist, zumal man einen Teil des Feedbacks auch über Foren erhalten kann.

Fazit

In den Beispielen zeigt sich meines Erachtens, dass digitale Medien in vielen verschiedenen Bereichen Vorteile bieten und damit das nicht-digital unterstützte Lernen bestens ergänzen können. Diesem würde ich aber natürlich dennoch seinen Platz einräumen: Auch in Zeiten von Erklärvideos auf YouTube muss man lernen, sich Inhalte aus einem Text zu erarbeiten oder einen Roman zu erschließen. Allerdings gibt es meines Erachtens wenige Kontexte, in denen digitale Werkzeuge nicht zumindest eine Erleichterung bei der Sicherung und der Organisation des Lernens bringen können (z.B. in Form von digitalen Notizen verschiedenster Art).

Digitale Werkzeuge sind für mich auf allen Ebenen des Lernens eine zentrale Stütze: Bei der Erschließung von Inhalten, bei der Zusammenarbeit an Projekten, bei der Organisation von Lernprozessen, bei der Beratung zu Lernprozessen, bei der Sicherung und Strukturierung von Materialien. Vieles davon lässt sich natürlich auch ohne digitale Hilfsmittel bewerkstelligen und ich möchte es ausdrücklich dem Ermessen des Einzelnen überlassen, wie intensiv die digitalen Medien in den persönlichen Bereich integriert werden. Dennoch halte ich die Potentiale für so vielversprechend, dass wir sie im Kontext der Schule meines Erachtens so gut wie möglich nutzen sollten. In den nächsten Jahren scheint mir eine der Hauptaufgaben darin zu liegen, die dafür nötigen Rahmenbedingungen (z.B. Infrastruktur, Sicherheit, Verhaltensregeln, best-practice-Beispiele) in der Breite der Schullandschaft zu etablieren.

5 Gedanken zu „Mit digitalen Medien besser lernen? Mein Beitrag zur Blogparade“

  1. Hallo!
    Sehr schöner Artikel mit tollen Beispielen für den Einsatz der digitalen Möglichkeiten als unterstützende Hilfsmittel. Der Aspekt, der mir allgemein in der gesamten digitalen Diskussion fehlt, ist die Bedeutung der Kernkompetenzen und der Fähigkeiten, die Schüler erlernen müssen, bevor Sie die neuen Medien und Möglichkeiten effektiv nutzen können. Sie schreiben hierzu sehr passend „muss man lernen, sich Inhalte aus einem Text zu erarbeiten oder einen Roman zu erschließen“.

    In meinem Beitrag zur Blogparade ( http://rabeler.abacus-nachhilfe.de/tipps-und-neuigkeiten-fuer-eltern/digitales-lernen.html ) habe ich hierzu die folgenden fünf Punkte formuliert:

    1. Eine Basis, auf der das Wissen aufgebaut werden kann
    2. Ein Ziel, das man erreichen will (oder muss)
    3. Die Fähigkeit, die richtigen Fragen zu stellen
    4. Die Fachkenntnis, um verfügbare Informationen auf Ihre Richtigkeit zu überprüfen
    5. Die methodischen Werkzeuge, um neue Fakten in den gewünschten Kontext einzuordnen und zu nutzen

    Gruß
    Lars Rabeler

    1. Der Aspekt, der mir allgemein in der gesamten digitalen Diskussion fehlt, ist die Bedeutung der Kernkompetenzen und der Fähigkeiten, die Schüler erlernen müssen, bevor Sie die neuen Medien und Möglichkeiten effektiv nutzen können.

      Dass verschiedene von Ihnen so genannte »Kernkompetenzen« wichtig sind, halte ich für selbstverständlich. Die schwierige Frage ist, welche das sind und welche wir eher aus Tradition heraus als solche empfinden.

      Für mich persönlich sind zum Beispiel sehr gute Lesefähigkeiten grundlegend. Die spielt sowohl in analogen als auch in digitalen Kontexten eine elementare Rolle. Fachwissen halte ich ebenso für wichtig, weil ich denke, dass ein Beurteilen und Bewerten von Inhalten (wie es in digitalen Kontexten oft nötig ist), ohne Fachwissen nicht möglich ist. Das sind nun nur zwei Beispiele, welche anderen Aspekte zu den grundlegenden Fähigkeiten zählen, müsste man gesellschaftlich aushandeln.

      Ich möchte Ihnen aber bei der Formulierung widersprechen, dass Schüler diese Kompetenzen erlenen müssen bevor sie digitale Medien nutzen können. Das wirft nämlich einige schwierige Abgrenzungsfragen auf: Wann haben die Schüler genügend Kernkompetenz, um mit digitalen Medien arbeiten zu können? Wie stellt man fest, dass bestimmte Kernkompetenzen ausreichend vorhanden sind? Und wie geht man damit um, dass die Schüler bis zum Erreichen dieser »Schwellen« im privaten Leben bereits eine Menge Erfahrungen mit digitalen Medien gemacht haben werden?

      Ich denke, die Herangehensweise sollte mehr verschränkt sein. Das Lernen mit analogen und digitalen Medien sollte Hand in Hand gehen. Das ist ja auch in anderen Bereichen in der Schule üblich: man liest in Deutsch einen Roman, ohne vorher zu prüfen, ob die Schüler über ausreichend Lesekompetenz verfügen. In welchem Umfang man diese besitzen muss, um den Roman zu verstehen, lässt sich nicht quantifizieren und daher auch nicht abprüfen. Wer schon eine hohe Lesekompetenz hat, holt aus dem Buch mehr heraus, wer eine noch nicht so hohe Kompetenz hat, verbessert sich in einem guten Deutschunterricht beim Lesen des Romans.

      Wichtig ist, dass die Schüler begleitet und angeleitet werden, aber nicht gegängelt und eingeengt. Das richtige Maß zu finden, ist die pädagogische Kunst.

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