#COP21 (11/12) Wie wirkt sich der Klimawandel in einzelnen Regionen aus?

Klimawandel bedeutet, dass das komplexe Klimasystem sich in ein neues Gleichgewicht überführt. Dabei wird es keineswegs überall gleichmäßig etwas wärmer. Die Auswirkungen sind vielfältig und regional unterschiedlich. Die folgenden Fallbeispiele sollen das verdeutlichen.

Mekong

Die Mekong-Region zeigt anschaulich, wie die Klimaproblematik mit Fragen der Globalisierung, der Entwicklung, der Armutsbekämpfung und vielen weiteren verwoben ist. Die Region spürt schon die Auswirkungen des Anstiegs der globalen Mitteltemperatur um knapp ein Grad seit Beinn der Industrialisierung:

Laos, Cambodia, Thailand and Vietnam who share the lower Mekong basin are all acutely aware that they are threatened by climate change caused by others. The region has recorded more extreme weather, deeper droughts, heavier rains, bigger floods and much hotter temperatures than ever before – all consistent with UN scientists’ predictions of global warming. (Quelle)

Daher versucht z.B. Laos, mit Staudämmen saubere Energie zu erzeugen und dabei auch wirtschaftlich vorwärts zu kommen indem es den Strom an die Nachbarn verkauft. Das hat aber unter Umständen ebenfalls problematische Konsequenzen.

The intention is partly to reduce its own minimal greenhouse gas emissions, but mostly to generate income from selling clean electricity to its energy-hungry neighbours. Laos hopes to make billions of dollars a year from its cascade of giant dams anyway, but it could be one of the great winners from the Paris climate summit if a global carbon market develops and rich countries are allowed to offset their emissions against its clean energy.

But major hydroelectric dams can be river killers. Not only is forest and farmland usually lost, but people must be evicted, and experience shows that dams can destroy fisheries, scour riverbeds, cause more erosion, and dramatically change the amount of silt and sediment transported downstream. While trying to solve the one problem of climate change, there are real fears that hydropower on the Mekong and its tributaries could make countries more prone to the floods and droughts which climate change will bring. (Quelle)

Im zitierten Artikel gibt es viele weitere Beispiele für die Komplexität des Problems. Es wird deutlich, dass einfache Lösungen kaum zu finden sind.

Marshall Inseln

Auf den Marshall-Inseln sorgt der steigende Meeresspiegel dafür, dass die Inseln immer weniger und kleiner werden. Dabei muss man beachten, dass es keine dauerhafte Überflutung eines Landstücks braucht, um es unbewohnbar zu machen. Die „wenigen Zentimeter“, die der Meeresspiegel bisher gestiegen ist scheinen auf den ersten Blick ja kein Problem zu sein. Das Problem sind u.a. zwei Faktoren:

  • Wenn das Wasser generell höher steht, überflutet es beim Stürmen oder Hochwasser die Gebiete, die bisher als sicher galten und wo z.B. Behausungen stehen oder Felder liegen. Da in vielen Regionen Stürme häufiger und heftiger werden, sind diese Gebiete also häufiger davon betroffen. Wenn ein Feld oder ein Haus mehrfach pro Jahr betroffen ist, kann man dort de facto nicht mehr siedeln, selbst wenn diese Ereignisse nur an einigen Tagen pro Jahr auftreten.
  • Meerwasser macht das angrenzende Grundwasser salzig. Daher kann man am Küstenstreifen nicht oder nur eingeschränkt Ackerbau betreiben. Wenn der Meeresspiegel steigt, ist die Fläche mit salzigem Grundwasser größer, die ackerbaulich nutzbare Fläche kleiner. Bei Inseln mit ohnehin geringer Fläche kann das den Ausschlag geben, dass sich die Menschen dort nicht mehr ernähren können.

Und nun wird das knappe Land noch knapper. Seit Jahrzehnten steigt der Meeresspiegel Zentimeter für Zentimeter. Und er steigt immer schneller. Wie schnell, das kann kein Forscher mit Sicherheit sagen. Aber selbst die optimistischen Prognosen räumen den Marshallinseln keine Chancen ein: Der Ozean wird ein Atoll nach dem anderen verschlingen, Mona, ihre Familie, ihre Nachbarn und ihr Volk werden ihr Land verlieren. (Quelle)

Viele Menschen wandern von den Mashall-Inseln (und aus anderen betroffenen Gebieten) aus, ihr Status ist aber oft prekär.

In Deutschland würde man sie und all die anderen, die mit ihren wenigen Habseligkeiten auf den Abflug warten, „Wirtschaftsflüchtlinge“ nennen. Das Wort „Klimaflüchtling“ ist bis heute kein völkerrechtlich anerkannter Begriff. Erst im Juli dieses Jahres scheiterte ein dreifacher Familienvater von der Südseeinsel Kiribati endgültig damit, als erster Klimaflüchtling der Welt anerkannt zu werden. Der Mann hatte für sich und seine Familie in Neuseeland Asyl beantragt, aber das Oberste Gericht des Landes wies die Klage gegen seine Abschiebung ab. Die Richter räumten zwar ein, dass seine Heimat unter dem Klimawandel leide. Kriterium für eine Anerkennung als Flüchtling sei laut UN-Konvention aber, dass der Antragsteller in seinem Heimatland Verfolgung fürchten müsse. (Quelle)

 

Ghana

Ein Videobeitrag der Tagesschau aus Ghana zeigt auch hier die wirtschaftlichen Konsequenzen der Verschiebung von Niederschlagssystemen und Dürren.

Im heißen und trockenen Norden Ghanas ist das Leben in den vergangenen Jahren immer schwerer geworden – auch wegen des Klimawandels. Vor allem Frauen suchen deshalb in der Hauptstadt Accra ihr Glück. Doch dort wartet harte Arbeit für wenig Lohn. (Quelle)

Anden

Claus Kleber berichtet in seiner hervorragenden Dokumentation Machtfaktor Erde unter anderem aus den Anden. Lima sei die Millionenstadt auf der Erde, in der die Konsequenzen des Klimawandels heute schon zu spüren seien. Die Wasserversorgung der Stadt hängt an den Schmelzwasserflüssen der Andengletscher. Wenn diese an Masse verlieren, gibt es weniger Schmelzwässer, die Wasseradern werden dünn. Die Slums an den Hängen von Lima müssen heute schon mit Tankwagen mit Trinkwasser versorgt werden. Die dortigen Bewohner müssen trotzt ihrer Armut für das Wasser oft schon mehr bezahlen als die Bewohner der Kernstadt. Der Filmbeitrag deutet an, dass die Stadt sich womöglich schon für die sozialen Unruhen rüstet, die in dieser Konstellation drohen.

Vielerorts

Solche Beispiele kann man überall auf der Welt finden. Es gibt ein generelles Muster dahinter: Die Veränderung des Klimas hat zur Folge, dass die bisherigen Versorgungssysteme, an die sich die Menschen in der Regel angepasst hatten, ihre geographische Lage verändern, schlechter werden oder ganz wegbrechen. Die Konsequenz ist, dass Gesellschaften ein neues Gleichgewicht bezüglich der Verteilung der Bevölkerung und den Versorgungssystemen finden müssen. Doch bis sich dieses eingestellt hat, sind die Systeme instabil. Das bedeutet konkret z.B. soziale Unruhen, Migration, Hungersnöte, kriegerische Auseinandersetzungen. Der Klimawandel ist praktisch nie die alleinige Ursache dafür. Aber in Gesellschaften, die aufgrund von Armut, schlechter Regierungsführung oder anderer Faktoren ohnehin schon verletzlich sind, wirken die Klimaveränderungen und ihre Konsequenzen als Zündfunken oder Brandbeschleuniger.


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