Die Corona-Krise hat im Bildungsbereich grundlegend veränderte Rahmenbedingungen geschaffen. Es ist davon auszugehen, dass viele der Veränderungen noch länger nachwirken werden und sich mithin eine stark veränderte Bildungslandschaft ergibt. Als Schulen und Lehrer:innen sollten wir im Umgang damit pädagogische Phantasie an den Tag legen – mehr vom Alten wird selten zu guten Lösungen führen.
Schon vor der Corona-Krise befand sich die Welt in verschiedener Hinsicht in tiefgreifenden Transformationsprozessen zum Beispiel durch die Klimakrise und die Prozesse der Digitalisierung. Menschliches Wirtschaften stößt zunehmend an die ökologischen Grenzen des Planeten und global reagieren Gesellschaften auf die unsicheren Verhältnisse mit Unruhe. Man kann wohl davon ausgehen, dass die kommenden Jahrzehnte weniger stabil sein werden als die vergangenen.
In diesen Situation schüttelt die Corona-Krise u.a. auch die Bildungslandschaft durch und erfordert völlig neue Lösungen und Denkweisen. In vieler Hinsicht wirkt Corona aber auch wie ein Vergrößerungsglas, das uns bekannte oder zumindest geahnte Schwächen unseres Bildungssystems schonungslos vor Augen führt. Zum Beispiel mussten viele Lehrer:innen im Fernunterricht erkennen, wie sehr das System Schule bisher darauf beruhte, die Schüler:innen in physischer Anwesenheit zu kontrollieren und sie in diesem Präsenzkontext zum „Arbeiten“ zu zwingen. Sobald die Möglichkeit dieser physischen Kontrolle wegfiel, stiegen manche Schüler:innen aus und lernten wenig oder nichts mehr. Es wurde klar, dass zumindest bei einigen nur der Zwang bisher zum „Lernen“ geführt hat – und es stellt sich die Frage, wie man das ändern könnte.
Wenn wir uns nun fragen, wie wir unseren Schüler:innen dabei helfen können, die coronabedingten Lernprobleme zu bewältigen, wird es wohl kaum helfen, einfach unreflektiert auf bisherige Strategien zurückzugreifen. Klassische Nachhilfe zum Beispiel wird sicher Teil der Lösung sein, wird allein aber bei Weitem nicht reichen. Kontrolle und Zwang sind wahrscheinlich an manchen Stellen noch nötig, dürfen aber nicht die einzigen Mittel bleiben, wenn Schüler:innen sich dem Lernen verweigern. Hergebrachte Prüfungsformate werden uns wohl noch länger erhalten bleiben, haben im Fernunterricht aber auch klar ihre Schwächen offengelegt und sollten dringend durch zeitgemäßere Formate ergänzt werden.
Fazit
Wir sollten als Lehrer:innen, als Schulen und auch in den darüber liegenden Ebenen des Bildungssystems pädagogische Phantasie walten lassen. Wir sollten gemeinsam überlegen, wie wir kreativ, flexibel und im Sinne unserer Schüler:innen neue Ansätze und Lösungen entwickeln können, die bestehende Strukturen ergänzen und erweitern können. Ausschließlich „mehr vom Bisherigen“ wird in den seltensten Fällen zum Ziel führen.
In dieser Artikelserie geht es um die Frage, wie Schulen ihren Schüler:innen helfen können, Lerndefizite aus der Corona-Zeit zu kompensieren und dabei auch das Lernen insgesamt zu verbessern. Der erste Artikel enthält eine Einführung sowie die Liste aller Beiträge.
Ein Gedanke zu „(4) Pädagogische Phantasie walten lassen – Corona-Lernprobleme überwinden“